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Samstag, 20. Juni 2015

Leben in Namasinda



Obulamu bw´enamasinda


Wo fange ich bloß an zu berichten? --- Auch für mich rückt Deutschland mit jedem Tag ein Stückchen näher. Grund genug, um die mir verbleibende Zeit noch einmal mit neuen Erfahrungen zu füllen. Mitte vergangenen Monats war es schließlich soweit und es begann mein zweiwöchiger Aufenthalt in der Gastfamilie in der Community. Die erste Woche sollte noch in die Ferien fallen, wobei in der zweiten Woche wieder Schulalltag war.

Der Umzug aus dem Freiwilligenhaus war schnell erledigt. Man nehme eine Matratze, sein Bettzeug, seinen Rucksack mit Klamotten und den sieben Sachen, viel Trinkwasser und -ganz wichtig- ein Moskitonetz. Mit den paar Sachen ab ins Auto und schon ging es Richtung Namasinda! Von der Schule aus führte uns unsere Fahrt durch das Nachbardorf Kalege und dann immer weiter in den Busch. Glücklicherweise ist William (der Schuladministrator) gefahren, denn ohne ihn hätte ich den Weg nicht gewusst. Nach der holprigen Fahrt lag mein neues Zuhause auf Zeit also vor mir. Viel wusste ich im Vorhinein nicht von der Familie. Die Aufregung war dementsprechend ziemlich groß. Einige Augenblicke später durfte ich mich also vorstellen:





Die Familie besteht aus der Maama Mariam (in der Mitte) und ihren sechs Kindern. Von links Dessan, Nabatanz, Wikillifu, William (geht auf unsere Schule) und Collin (der älteste Sohn). Einen weiteren Sohn habe ich nicht kennen gelernt, weil er als Kuhhirte außerhalb von Zuhause arbeitet.




Wie einige von euch vielleicht wissen, leben in dem District Nakaseke viele Menschen die Landwirtschaft betreiben. So besteht auch der Alltag der Familie daraus, ihre verschiedenen Felder zu bestellen. Während meiner ersten Woche habe ich versucht, mich in die alltäglichen Aufgaben zu integrieren.

Wie für den Tagesablauf typisch, wird zur Morgendämmerung mit der Feldarbeit angefangen. Der Anbau besteht hauptsächlich aus Süßkartoffeln. Mit einer Schaufel werden Hügel aufgetürmt, auf welchen dann die junge Kartoffelpflanze wächst. Diese Tätigkeit heißt „digging“ und erfordert eine hohe Balance zwischen Kraftaufwand und Technik. Bei dem hinzukommenden heißen ugandischen Wetter war das für mich eine echte Herausforderung. Einfacher ist es da schon mit einer Art gebogener Machete das umliegende Gestrüpp zu entfernen. Diese Tätigkeit wird als „slashing“ bezeichnet und ersetzt die Funktion eines Rasenmähers. Damit hatte ich auch eine meiner Hauptaufgaben gefunden. 





Da in Uganda ganzjährig mildes Klima herrscht, können neben dem Anpflanzen gleichzeitig Süßkartoffeln geerntet werden: 





Während die Menschen hier vor Ort den Vormittag in den verschiedenen Gärten verbringen, wird in den Abendstunden mit dem Kochen begonnen. Häufig werden dabei die zuvor geernteten Süßkartoffeln frisch zubereitet. Nebenbei stehen auf dem Speiseplan frittiertes Cassava, Kochbananen und Akawounga (Maismehlbrei). Die Zubereitung kann einige Zeit in Anspruch nehmen, wird aber unter anderem als gesellschaftlicher Austausch verstanden.

Rund um das Kochen spielt die Bananenstaude eine wichtige Rolle. Neben den Kochbananen werden die Blätter multifunktional als Backpapier, Frischhaltefolie und Topflappen genutzt. Gekocht wird auf einem Herd der durch Feuerholz betrieben wird. Durch die Hinzugabe oder Entnahme von Holz wird die Temperatur reguliert. Auch ich habe mich am Herd ausprobiert. An einem Abend habe ich für die ganze Familie Nudeln mit Tomatensoße gekocht. Nach anfänglicher Skepsis der Kinder war das hier untypische Essen ein voller Erfolg. Gelernt habe ich, dass man seinen Kopf nicht zu nahe über das Feuer halten sollte. Tränende Augen und Rauch in der Lunge sind sonst vorprogrammiert. 









In der Zeit meines Aufenthaltes habe ich die Umgebung um das Haus erkundet. Eine Tour führte Collin und mich dabei zu dem Reisfeld der Familie. Durch das sehr feuchte Wetter während der Regenzeit hat der Reis in dieser Region Ugandas sehr gute Möglichkeiten zu gedeihen. Um zu dem Feld zu gelangen werden zwangsläufig Gummistiefel benötigt. Der Weg führt nämlich durch eine sumpfähnliche Vegetation. An dem Feld angekommen erklärte mir Collin, wie der Reis angebaut und geerntet wird. Am bemerkenswertesten finde ich, wie betreuungsintensiv der Reisanbau ist. Wenn der Reis eine bestimmte Größe erreicht, versuchen auch die Vögel sich von den Körnern zu ernähren. So muss von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang das Reisfeld bewacht werden. Diese Aufgabe fällt meistens den jüngeren Mitgliedern der Familie zu.







Bedingt durch das Nichtvorhandensein von fließend Strom und Wasser gehört es auch zum Tagesablauf sich auf dem Weg zu dem Bohrloch zu machen. Vom Haus aus beträgt der Weg rund einen Kilometer hin und einen Kilometer zurück. Ich bewundere die Kinder, wie sie die Strecke mit bis zu 20 Litern auf dem Kopf meistern. Unvorstellbar für mich!







Ohne mediale Ablenkungen und besonderer Freizeitgestaltung hatte ich außerdem Raum für weitere Aktivitäten. Glücklicherweise sprach es sich schnell herum, dass ich an der Schule Mathematik und Science unterrichte. Die Kinder von Maama Mariam und weitere Nachbarkinder kamen, um Unterstützung bei ihren Hausaufgaben zu erhalten. Als Gegenleistung wurde mir bei der lugandischen Sprache weiter geholfen. Außerdem trafen sich die Kinder der umliegenden Häuser in den Abendstunden zum Ball Spielen auf dem Hof meiner Gastfamilie. Dadurch wurde es nie langweilig…





Auch das Hausschwein gehört mit zu der Familie:




 
Wie anfangs erwähnt, war in meiner zweiten Hälfte der Schulalltag wieder angefangen. Für den Weg von Namasinda zur Schule benötigt man zu Fuß rund eine Stunde. Mit William und Angella (einem Kind aus der Nachbarschaft) ging es früh morgens los, denn um 7:20 Uhr fängt die Schule an!







Auch diese zweite Woche verging wie im Fluge. So kann ich sagen, dass mein Aufenthalt für mich eine große Bereicherung darstellt. Ich habe ein Gefühl dafür entwickelt, wie die Menschen hier vor Ort leben. Zudem gefällt es mir besonders, einen konkreten Bezug in der Community zu haben. Immer mal wieder habe ich die Möglichkeit meine Gastfamilie auch unter der Woche zu besuchen. Für mich steht schon heute fest, dass meine Zeit in Namasinda auch über dieses Jahr hinaus auf mich wirken wird.


Liebe Grüße aus Nakaseke
Joshua